Die Rolle seines Lebens
Markus A. Langer
Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Geschichte im vergangenen Jahr: Der kleine Maxi sitzt auf einem Schammerl in der Küche seiner Oma und genießt bei ihr die Düfte und den Geschmack der Vorweihnachtszeit. Nun sind einige Jahre ins Land gezogen, Max(i) ist älter und größer geworden. Und wir sind wieder einmal unterwegs in Richtung Weihnachten …
„Bitte, was soll ich denn tun? Der Zug ist eingeschneit, die Strecke ist blockiert. Es geht beim besten Willen nicht weiter. Der nächste Ort ist 50 Kilometer entfernt. Seien Sie froh, dass das Malheur vor meiner Haustür und nicht auf freier Strecke oder gar tief in den Wäldern passiert ist“, hören die zahlreich in der Dorfkirche versammelten Menschen aus dem Mund von Max. Er spielt den Stationsvorsteher im Weihnachtsspiel. Wer die Vorpremiere vor zwei Stunden im Seniorenheim nicht gesehen hat, möchte jetzt dabei sein. Warum gerade er für diese Rolle ausgesucht worden ist, ist Max noch immer ein Rätsel. Da hätte es doch andere Talente aus seinem Freundeskreis gegeben. Er hat nun die Aufgabe, durch das Stück zu führen. Es ist eigentlich nicht die Hauptrolle, obwohl er den meisten Text zu sprechen hat.
Im Mittelpunkt steht eine junge Frau, die ihr erstes Kind erwartet. Es ist Anfang Dezember in den Bergen. Der Zug kann wegen Schneeverwehungen nicht weiterfahren und alle Fahrgäste müssen die Nacht in der Bahnhofsstation im kleinen Gebirgsdorf, das – wie könnte es anders sein – den Namen „Weihnachten” trägt, verbringen. Und das Kind – es wird den Namen David erhalten – möchte nicht länger warten und möglichst rasch das Licht der Welt erblicken, auch wenn es eine eher ungewöhnliche Umgebung für eine Geburt ist.
Für seine Kolleginnen und Kollegen ist Max der Stichwortgeber. Auf seine Worte kommt es an, damit die Mitspieler fortsetzen können. Sie hängen buchstäblich an seinen Lippen und warten auf ihren Einsatz. Wie ein Wunder klappt auch bei der zweiten Vorstellung alles wie am Schnürchen. Auch wenn sich die „Bühne“, der Altarraum, als ziemlich eng herausgestellt hat. Im Seniorenheim war mehr Platz für das Auf- und Abtreten der Laienschauspieler vorhanden. Tobender Applaus – das kommt selten in den heiligen Hallen einer Kirche vor. Max ist überaus glücklich, es geschafft zu haben, gemeinsam mit den Freundinnen und Freunden aus der Jugendgruppe. Was er in diesem Augenblick noch nicht ahnen kann: Es wird seine einzige führende Rolle in einem Theaterstück bleiben.